Der Maler Pierre Soulages feierte in diesem Jahr seinen 99 Geburtstag. Er gilt als der Meister der Farbe Schwarz.

In seiner Heimatstadt Rodez im Süden der Auvergne wurde 2014 ein Museum eröffnet, das dem Maler gewidmet ist. 500 Werke von Pierre Soulages werden hier gezeigt.Das Museum katapultierte Rodez in die Reihen der Städte, die mit zeitgenössischer Architektur auf sich aufmerksam machen. Mehrere Kuben aus oxidiertem Corten-Stahl bilden ein Gebäudeensemble, das auf einem abfallenden Areal liegt. Durch den Überstand der rostigen Kuben auf dem abschüssigen Gelände wirkt der Bau mächtig und scheint gefährlich über dem Abhang zu schweben.

Das Museumsgebäude und die Bilder Pierre Soulages bilden eine Einheit. Die Korrespondenz zwischen Außen und Innen ist perfekt und hat mich nachhaltig beeindruckt.

Seit 1979 malt Pierre Soulages alle Gemälde mit demselben Schwarz.

“ Aber es sind deswegen keinesfalls monochrome schwarze Bilder – weder für den, der wirklich hinschaut, noch für mich. Denn wenn ich sie male, lasse ich mich leiten von den verschiedenen Valeurs, die das Licht hervorbringt, wenn es von der schwarzen Materie reflektiert wird. Ich sehe diese Valeurs entstehen, weil ich mich vor dem Bild an dem ich male, fortwährend hin und her bewege. Und diese Valeurs , die sich unter meinen Blicken verändern, bestimmen die zu treffenden Entscheidungen. Das Ausdrucksmittel ist nicht die Farbe Schwarz, sondern das Licht .“

Die Farbe Schwarz ist für Pierre Soulages von Anfang an eine Konstante in seiner künstlerischen Arbeit.

In seinem frühen Werk aus der Zeit 1946 – 49 finden sich mit breitem Pinselstrich gezogene balkenartige Bildzeichen. Die konstruktiven Bildmittel werden mit Spachtelstrichen und „bewegungslosen“ Farbfeldern geschaffen, die dem Ganzen einem Bau mit soliden Fundamenten nicht unähnlich, seine Festigkeit und Stabilität verleihen.

In den Gemälden gibt es keine unkontrollierten Bewegungsabläufe, keine expressive gestische Malweise.

Seine Malerei ist eher rationell als spontan. Die Dynamik variiert sich immer auf´s Neue in Form, Farbe, Struktur und Licht und ist Abhängig von dem Betrachter und seinem Blickwinkel.

Die Texturen sind vielfältig, transparente Farbe wechselt sich ab mit extrem pastoser Oberfläche.

Soulages gehört zu einer kleinen Gruppe von Künstlern, die sich nach 1945 von Paris aus international durchsetzten konnten.

Ausstellungen in Kassel zur Documenta 1955, 1959 und 1964 trugen dazu bei. Schon bald erfolgten auch Ankäufe von deutschen und amerikanischen Museen.

Er unterhielt Kontakte zu Malerkollegen wie Mark Rothko, Franz Kline, Hans Hoffmann und Willem de Kooning.

Seine Reisen nach Japan waren für ihn von großer Bedeutung . Dort begegnete er japanischen Kalligraphen und wurde als Bote einer verwandten geistigen Haltung aufgenommen.

1979 schlug Soulages eine neue Richtung in seiner Malerei ein. Im Alter von 60 Jahren veränderte er seinen Malstil radikal. Er verzichtete auf die differenzierten Farben seiner früheren Werke und malt seitdem ausschließlich mit Schwarz als Träger von Lichtreflexen, die so mannigfaltig und intensiv sein können, daß sich die benutzte Schwärze beinahe in ein Farbspektrum verwandelt.

Innerhalb der Furchen und Rillen seiner strukturierten “ peinture noire “ ereignet sich die Transmutation von Farbe ins Licht.

Senkrechte, waagerechte und diagonal geordnete Felder, mit Hilfe von breiten Pinseln, groben Bürsten, Besser, Holzstangen und Gummispachteln gestaltet, lassen ein Farb-Raum-Kontinuum entstehen, indem der Betrachter eine aktive Rolle übernimmt.

Das Licht kommt aus dem Bild auf den Betrachter zu und schafft einen Raum davor. Verändert der Betrachter seinen Blickwinkel, löst sich der erste Eindruck auf, er verschwimmt und ein anderer taucht auf. Andere Reflexe erscheinen in Abhängigkeit von den Bewegungen des Betrachters.
Je größer das Bild-Format ist, desto offensichtlicher ist der Effekt.

Die Bilder beeindrucken nicht nur durch die Verwendung von ausschließlich Schwarz, sondern auch durch ihre großen Formate.

Der Wechsel von lichthaltigen, gerillten Teilen und glatten Partien führt bei Soulages oft zu sehr breiten Formaten, in denen er einzelne lange Leinwände zu beinahe quadratischen Formaten zusammen führt.Diese Formate bilden auf diese Weise einen vielschichtigen und dichten Zusammenhang, der eine mysteriöse Wirkung auf die Wahrnehmung ausübt.

Die Ateliers von Pierre Soulages sind Orte der Ruhe und der Konzentration. Er malt nur an einem Bild, nicht an mehreren gleichzeitig.

“ Ich bin zu sehr durch das in Arbeit befindliche Bild gefesselt und muß ans Ziel gelangen. Entweder es mißlingt am Ende oder es führt zu etwas. Das Bild lebt oder es lebt nicht. Entscheidend ist für mich allein, wie es auf meine Sinne wirkt und was es in mir hervorruft.
Das Bild entsteht nach und nach , es gibt keine geregeltes Fortschreiten. In einem nicht vorhersehbaren Moment kommt das Unerwartete zum Vorschein.

Malen, das heißt vor allem spontan agieren. Es geht um eine Folge von Entscheidungen, die sich aufdrängen, sich aneinanderreihen, die aus dem tiefsten Innern kommen.

Mit seiner Vollendung ist das Bild autonom geworden, ein Objekt für sich. Aber es bleibt auch eine Teil eines Abenteuers, das sich fortsetzt in einem zukünftigen Bild, und ihm wende ich mich jetzt zu. “

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Hier noch ein Link für einen kurzen Film : https://youtu.be/90kkKLM7LPU




Quellen : Pierre Soulages im Interview mit Charles Juliet,ver-
öffentliche 1988 im Heliopolis-Verlag Ewald Katzmann

Zdenik Felix, Publikation zur Ausstellung Pierre
Soulages – Malerei als Licht und Farben in den Deich-
torhallen, Hamburg, 15.5.-18.8.1997