Altmeisterliche Malerei mit Materialien von heute

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Nachdem die Malsaison wieder begonnen hat, habe ich voller Energie einige Projekte angeschoben, dabei bleibt dann das Schreiben auf der Strecke!

Aber jetzt will ich von unserem neuen Projekt berichten. Nach mehrfachen Anläufen ist jetzt eine  Gruppe zustande gekommen, die sich an 6 Nachmittagen mit der altmeisterlichen Malerei beschäftigt. Anstatt der alten Malmaterialien nehmen wir allerdings heute gebräuchliche Farben, Bindemittel, etc., wollen aber sonst alles so machen, wie es im 15./16. Jahrhundert üblich war. 

Warum machen wir das? Ist es nicht etwas unzeitgemäß, wenn wir auf alte Methoden zurück greifen? Und wird vom Künstler nicht etwas anderes erwartet, nämlich kreative und innovative Bilder zu heutigen Themen? 

Meine Antwort darauf ist, daß es für mich einen ganz großen Gewinn hat, nämlich den der Kompetenzen über die künstlerischen Ausdrucksmittel. Ich lerne so viel über das Handwerkzeug der Malerei, und das stellt einen großen Mehrwert für meine Malerei dar. 

Vorweg sei gesagt, ein gutes Bild entsteht nicht Dank eines Rezeptes oder der Einhaltung einer Technik. Aber gleichzeitig hilft uns das Handwerk, ein gutes Bild zu machen. Es gibt auch nicht ein einziges Konzept, mit dem die alten Meister aus vergangenen Jahrhunderten malten, jeder hatte sein eigenes „Rezept“. Aber ihnen allen gleich ist das methodische Malen. Bevor es an die eigentliche Malerei geht, wird zuerst grundiert, dann wird eine Zeichnung angefertigt, danach kommt eine Untermalung. 

Nachdem ich immer wieder zu dem Ablauf der einzelnen Malschritte gefragt wurde, habe ich versprochen, alles noch  einmal detailliert aufzuschreiben. Voilá, hier ist es:

Zu Beginn der Arbeit müssen wir uns vorstellen, daß wir die Anforderungen in verschiedene Phasen teilen:

1. Die Grundierung

Die Grundierung hast mehrere Aufgaben. Zum einen glättet oder strukturiert sie die Bildfläche und schafft eine gleichmäßige Saugfähigkeit  und Haftung für die Farben. Würde man z.B. Ölfarbe direkt auf die unbehandelte Leinwand auftragen, würde das Gewebe einen großen Anteil Farbe schlucken und dann die Farben stumpf erscheinen lassen. Die Grundierung mit Weiß ist ein Reflektor für die folgenden Ölschichten, die dann wesentlich mehr leuchten. Außerdem ist die Grundierung ein guter Träger für die folgende Unterzeichnung. 

Wir haben auf einer Leinwand oder Papier ( mind. 170 gr ) gemalt. Beides wurde  mit Gesso grundiert ( fertig gekauft ). 

Der klassische Bildträger waren im Mittelalter hauptsächlich aus Holz. Damit es sich nicht verzieht, wurde es beidseitig geleimt, unebene Stellen oder Risse wurden ausgebessert und dann kam eine Kaschierung mit Leinenstoff darauf, darauf wurde grundiert. 

2. Die Vorzeichnung 

Wir beginnen mit einer Bleistiftzeichnung. Weil sie das Gerüst für das Bild ist, sollte die Zeichnung sorgfältig ausgeführt werden. Je detaillierte du zeichnest, umso einfacher wird später die Malerei für dich sein. Mit dem Gedanken in dieser Phase,  ”jetzt kommt es ja noch nicht so darauf an“,  läßt du vielleicht etwas Verzeichnetes stehen, was sich später aber rächt ! Denn die Bleistiftzeichnung ist relativ einfach zu verbessern, bei der späteren Korrektur der Malerei wird es schon komplizierter!

Die Zeichnung wird mit Schattierungen ( Schraffuren ) ausgeführt, es werden die tiefsten Dunkelheiten genau wie Zwischentöne eingezeichnet. Auf diese Weise wird die plastische Wirkung unserer Zeichnung erhöht. Später, wenn wir beginnen mit Öl zu malen,  wirkt alles, was jetzt gezeichnet wird, durch die mehr oder weniger transparenten Farbschichten hindurch. Man kann also sagen, die Vorzeichnung bestimmt die malerische Qualität des Bildes. Oder: sie ist die halbe Miete für das Bild. 

Das Unterzeichsmittel bei uns wie auch bei den Alten  Meistern waren ausser Bleistiften auch  Pinsel, verschiedene Tinten, Silberstifte, Bleigriffel, Kohle, Kreise, und Rötel.

3. Zwischenfirnis

Zuerst firnisse ich das Bild mit z.B. einem Pastell-Fixativ. Dadurch  verwische ich den Bleistift nicht, wenn ich anschliessend mit einem Acrylbinder ( z.B. Caparol )  das Bild komplett dünn überziehe. Es wird sozusagen versiegelt. Wenn du nun in den nächsten Schritten einen Fehler machst, kannst du einfach die Farbe wieder abwischen und deine Zeichnung bleibt unversehrt erhalten. 

Früher diente als Schutz  z.B. eine  Harzlösung , die gemischt war mit einer sehr geringen Menge trockenem Öl. 

4.  Untermalung / Imprimitur

Wenn der Acrylbinder trocken ist, überziehe ich das gesamte Bild mit einem breiten, flachen Pinsel mit einer mit Wasser verdünnten Acrylfarbschicht und wische die Stellen, die hell bzw. frei von Farbe bleiben sollen mit einem weichen, freuchten Lappen wieder frei. Die Farbe wird also da, wo sie nicht sein soll, wieder herausgewischt und in den Schattenbereichen bleibt sie stehen. Durch diese halbdeckenden und lasierenden Farbschichten wirkt die Zeichnung immer noch durch. Da die dünne Acrylfarbe sehr schnell trocknet und Acrylfarbe wasserfest ist, kann man das Bild schrittweise bearbeiten und nicht die ganze Fläche auf einmal mit der Untermalung überziehen.

Mit dem Farbton dieser Untermalung bestimme ich schon den farbigen Charakter der Malerei und kann eine bestimmte Atmosphäre schaffen. Ich bevorzuge eine gedämpfte Farbe wie z.B. Indigo, Grün, Ocker, Siena gebr. oder Blau. Ideal ist auch die Komplementärfarbe zu dem Farbton, den ich später mit der Ölfarbe plane. Ein matter Grünton wie z.B. Grüne  Erde wird gern für die Untermalung eines Porträts genommen, denn über diesem Grundton ermischen sich die Mitteltöne und Schatten schon von selbst durch stärker und schwächer deckenden Auftrag von nur einer hellen Hautfarbe ( die Bleistiftschraffur der Zeichnung wirkt dabei mit !) Hauttöne auf Grün erscheinen auch besondes lebhaft.

Ursprünglich kam die Imprimitur in der Renaissance erstmals vor. In Deutschland und den Niederlagen wurde sie vor  und in Italien nach der Vorzeichnung aufgetragen. Sie bestand aus einer dünnen Ei-Tempera Farbe. 

Beliebt war die Farbe Grau als Untermalung. Mit Weiss , Schwarz und der Mischfarbe Grau konnten die Künstler Schichten aus Schatten, Glanzlichtern und Kontrasten  anlegen, bevor sie die farbigen Lasuren hinzufügten. 

Verdaccio ist der italienische Name für eine Untermalung mit der Farbmischung  aus schwarzen, weißen und gelben Pigmenten, die zu einem grauen oder gelblichen (je nach Anteil) sanften grünlichen Braun führt. Diese Farbe wurde unter anderem  vor allem als Untermalung von Porträts benutzt.

Die rote Erdfarbe Bolus wurde vor allem als Untermalung für Goldgründe eingesetzt. 

5. Zwischenfirnis

Ist die Untermalung gut durchgetrocknet, kommt erneut ein Firnis aus Acrylbinder über alles, mit dieser dünnen Schicht versiegelst du dann auch die Untermalung.

Dieser Schritt ist nicht unbedingt notwendig, denn die Acrylfarbe läßt keine Farbe durch. Zur Sicherheit führe ich ihn dennoch, vor allem bei einem Porträt, in dem ich keine Unregelmäßigkeiten im Farbauftrag haben möchte. 

Wir können uns heute die fertigen Öltuben im Malbedarfshandel kaufen. Bis in das 19. Jahrhundert haben Künstler ihre Malfarben mit Pigmenten und einem Bindemittel angerieben.Das Bindemittel soll die Pigmentteilchen untereinander und auf dem Malgrund verkleben. Das früheste  bekannte Bindemittel war Bienenwachs. Das wichtigste im Mittelalter war das Ei, bzw. eine  Emulsion aus einem Eigelb, Wasser und Leinöl. Jeder Meister hatte sein eigenes Rezept. Das Thema ist sehr komplex und würde hier dern Rahmen sprengen….

6. Die Malschichten 

Die Malschicht der Gemälde wurde früher mit mehreren Farbschichten aufgebaut. Dabei wurden die Farben übereinander gemalt, nicht nebeneinander.

Durch das Übereinander legen der Farben entstehen weitere Farben, z.B. Blau auf Gelb = Grün, es ist vergleichbar mit einem Farbfilter, der auf die vorhandene Malschicht gelegt wird. Selten wurden die Farben untereinander gemischt. Nur Weiß machte eine Ausnahmen, man braucht es zum Aufhellen der Farben.

Die erste Malschicht mit Ölfarbe  wird folgendermaßen aufgebracht:

Nachdem alles gut durchgetrocknet ist, wird reine Ölfarbe in einer nicht zu dünnen Schicht über die Untermalung gelegt. Da die Ölfarbe manchmal etwas zäh aus der Tube kommt, kann man sie mit einem Malmittel oder etwas Öl ( z.B. mit Balsamterpentin, oder wer geruchsempfindlich ist , nimmt Terpentinersatz-Öl, geruchlos)  geschmeidig machen, aber bitte nicht zu viel davon benutzen, sonst trocknet das Bild lange nicht und wird speckig. Lieber die pastige Farbe mit einem Lappen verreiben.

Mit der Ölfarbe wird wieder das gesamte Bild so überzogen, daß man auch noch die Zeichnung wiederfinden kann . (Deshalb ist es wichtig, die Vorzeichnung auch nicht zu zaghaft auszuführen) Auch jetzt wische ich die Ölfarbe wieder dort heraus, wo ich helle Stellen haben möchte, arbeite mit Schattierungen und erhalte so etwas wie eine Patina. Dabei kann ich mir Zeit lassen, denn die Ölfarbe trocknet nicht sehr schnell. Diese Ölschicht male ich gern mit Van-Dyk-Braun, Grüne Erde, Siena gebrannt oder Preußischblau,meiner Meinung nach eigenen sich dunklere Farben besser als ein helles Gelb.

Damit sind alle vorbereitenden Arbeiten abgeschlossen. Zu der nun folgenden typischen  Malweise der Ölmalerei der Alten Meister, dem Malen in Lasur-Schichten, funktionieren die einzelnen Farbaufträge wie farbige Filter, durch die man auf die unterwärts liegende Schicht blickt. Es entsteht ein sogenanntes Tiefenlicht mit einer besonderen Leuchtkraft. Dadurch, daß die Ölfarbe langsam trocknet, ist es möglich, die noch nassen Farben miteinander zu vermalen in viele verschiedene Maltöne. 

Aber Vorsicht, werden sich zu viele Farbschichten vermischen, verschlammt die Farbe. Deshalb sind Zwischentrocknungen immer notwendig. 

Hier kommen noch ein paar Fotos von Bildern, die noch in Arbeit sind. Zu sehen sind die Zeichnungen mit der Untermalung in Acryl, die erste Ölschicht und dann die Öllasuren. Fertig ist alles noch nicht, diese Bilder werde ich dann nachträglich noch einstellen.

Wir haben für das erste Ausprobieren mit dieser Technik ein Stillleben gewählt, das wir frei gezeichnet haben. Das nächste Thema wird ein Bild sein, das wir von einem eigenen Foto abzeichnen, davon das nächste Mal hier mehr.

Viel Spaß beim Betrachten oder sogar beim Ausprobieren dieser alten Technik mit neuen Materialien!

Kommentare (1)

  • Ach Astrid wie schön, so tolle Bilder und vielen Dank für den Aufbau der Technik.
    Es ist ein toller Unterricht. Vielen Dank!

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