Seit 2 1/2 Jahren stelle ich in der Malwoche im Atelier einen Künstler vor.

Mit dem Prä- Impressionismus haben wir angefangen, und sind in der Kunstgeschichte inzwischen beim Abstrakten Impressionismus amerikanischer Prägung angelangt.

Ich halte es für wichtig, wenn man sich mit Kunst und Malerei beschäftigt, ein Verständnis für moderne Kunst zu entwickeln und den Blick dafür zu schärfen.

Wer kennt das nicht, man trifft unvorbereitet auf ein neues Kunstwerk und steht ratlos da. Was will der Künstler uns damit sagen?

Die kleinen, maximal 20-minütigen Exkursionen helfen dabei, ein Verständnis für die Kunst zu entwickeln. Wir gewöhnen uns an künstlerisch orientierte Gedankengänge.

Es geht um die Entwicklung und Einordnung in die Strömungen der Kunst. Das ist eng mit den politischen, technologischen und gesellschaftlichen Bedingungen verwoben, die sich immer ändern, und somit verändert sich auf fortlaufend die Kunst.

Es geht nicht um das beurteilen!

Anspruch auf Vollständigkeit habe ich nicht, sondern trage in charakteristischen Skizzen die wesentlichen Daten des jeweiligen Künstlers vor. Es soll möglichst lebendig und munter sein, und Lust auf mehr Infos machen. Meine Quellen sind Künstler-Biographien, YouTube oder Google.

In dieser Malwoche geht es um den  US -Künstler  Cy Twombly.

 

Cy Twombly ( 1928 – 2011 ) zählt zu den wichtigsten Vertretern des Abstrakten Expressionismus.

Seine Werke sind in allen bedeutenden Museen der Welt vertreten. Auch bei uns in der Nähe im Hamburger Bahnhof, Berlin, ist er prominent platziert. Er war Maler, Bildhauer und Fotograf.

Er studierte in Boston, Washington und Lexington (seine Geburtsstadt)  und geht dann 1950 nach New York. Dort trifft er Robert Rauschenberg. Die beiden verbindet eine lebenslange Freundschaft. Beide wechseln auf das Black Mountain College in North Carolina, dort nimmt Cy Twombly bei Robert Motherwell und Franz Kline Unterricht.

Gemeinsam mit Robert Rauschenberg unternimmt er größere Reisen, die sie nach Südamerika, Europa und Nordafrika führen. In New York teilen Sie sich ein Atelier. Erste Soloausstellungen folgen, die aber für Cy Twombly nicht erfolgreich verlaufen.

Er verläßt  Amerika und zieht 1957 nach Rom. Dort heiratet er die Schwester seines Mäzens Giorgio Franchetti. Das Paar bekommt einen Sohn, Alessandro, der heute auch Maler ist.

Mit der Übersiedlung nach Rom beginnt Cy Twombly sein Werk mit mythologischen und literarischen Themen zu verweben und setzt Schrift- und andere Zeichen direkt in das Bild.

Twombly fand in Rom eine neue Heimat, er wohnte dort fast ein halbes Jahrhundert. In Europa fand er auch erstmals Zustimmung für seine Arbeiten.

 

Seine Formen sind neu und anders, verrätselt und irritierend. Sie erschließen sich einem nicht sofort, was Twombly selbst einräumte.

Wenn man bedenkt, daß die Verweildauer des Museumsbesuchers vor einem Kunstwerk nach einer Studie im Durchschnitt 27,2 Sekunden andauert, das sind drei Atemzüge, dann erklärt sich, warum die Faszination, die von den Bildern Cy Twombly´s ausgeht, sich nicht sofort überträgt. Die Bilder benötigen mehr Zeit, um sie zu entdecken.

Das Sammlerpaar Brandhorst, das der Stadt München ihre Sammlung schenkte und im Gegenzug dafür ein Museum bekam, hat für ihre  Bilder von Cy Twombly einen eigenen Saal für den Zyklus „Lepanto“ vorgesehen.

Alle 12 Bilder können gemeinsam auf den Betrachter wirken, und dann aber auch eins nach dem anderen, ohne störenden Einfluß weiterer Bilder, betrachtet werden.

 

 

 

 

Der Bilderzyklus „Lepanto“ wurde von Cy Twimbly  eigens für die 49. Biennale in Venedig 2001 gemalt. Er wurde nach dem Ort im Golf von Korinth benannt, wo die Venezianer 1571 die Türken in einer Seeschlacht überraschend besiegten. Die Schlacht von Lepanto ist die bedeutenste und symbolträchtigste Seeschlacht der Weltgeschichte. Ihr Jahrestag wird heute noch gefeiert. Das mächtige osmanische Sultanat wurde in die Knie gezwungen, was den Zeitgenossen damals als Wendepunkt der Geschichte vorkam.

Wo wir nur ein Rätsel aus Linien und Flecken wahrnehmen, hat Cy Twombly die ganze Geschichte  um den Wendepunkt der Machtverhältnisse im Mittelmeerraum dargestellt.

TWOMBLY – Ferragosto III (1961, Roma)

Auf großen weißen Leinwänden finden  sich zittrige Linien, werden zum Gestrüpp, verdichten sich, fließen aus, plötzlich unterbrochen oder kreisend enden sie im Nichts.

Krakeluren, Sprenkel und Flecken reihen sich in gewagten Farbkombinationen aneinander, laufen aus, verwischen, ballen sich zusammen und lösen sich wieder auf.

Sie zeigen in einer spärlichen Bildsprache nichts aus der gegenständlichen Wirklichkeit, sie abstrahieren nichts im Sinne einer Reduzierung auf das Wesentliche, sie sind einfach nur ungegenständlich. Ihre Bedeutung liegt in der Atmosphäre und in der Geste. Die Frage ist, was löst das Bild an Gefühlen aus?

Cy Twombly lebte zurückgezogen und medienscheu. Die gigantischen Preise, die seine Werke erzielten, waren für ihn weniger eine Bestätigung, als die bedeutenden Ehrungen, die er zahlreich erhielt.

 

Wenn Du einen Kommentar hinterlassen möchtest, dann sehr gern hier: kunst@astridkeimer.de