Farb – Pigmente selbst herstellen
Astrid Keimer / / Allgemein, Kunst-Kapelle-Boitin, Malen, Malen am Sonnabend, Malkurse, Malreisen, Workshop / 13. Dezember 2024
Pigmente – Farbe selbst herstellen, ein ständiges Thema in der KUNST-KAPELLE-BOITIN
Anfang November wurde die KUNST-KAPELLE-BOITIN zur kreativen Werkstatt für alle, die sich für die Kunst der Farbherstellung begeistern. Der Kurs „Pigmente – Farbe selbst herstellen“ bot die Gelegenheit, ganz neue Aspekte in der die Welt der Farben zu entdecken.
Wir begaben uns auf eine spannende Reise, beginnend mit den Materialien der Natur. Die Basis für viele unserer Experimente waren Erden, die ich zuvor in der Natur gesammelt hatte. Ergänzend dazu arbeiteten wir auch mit herkömmlichen, käuflichen Pigmenten, um die Unterschiede und Möglichkeiten beider Ansätze zu erkunden.
In praktischen Übungen lernten wir, wie Pigmente zu Farbe verarbeitet werden. Für die Herstellung von Acrylfarbe mischten wir die Pigmente mit einem Acrylbinder. Bei der Eitempera diente ein Ei-Ölgemisch als Bindemittel. Durch diese einfache, aber handwerklich präzise Technik entstanden ganz individuelle Farbtöne, die in ihrer Leuchtkraft beeindruckten. Da wir nur den einen Tag zur Verfügung hatten, haben wir uns auf zwei Rezepte beschränkt. Es gibt unzählige weitere Möglichkeiten.
Der Kurs bot nicht nur die Gelegenheit, sich handwerklich auszuprobieren, sondern auch ein tieferes Verständnis für die Eigenschaften und Herkunft von Farben zu gewinnen. Es war sehr ermunternd, welche schönen Farberlebnisse sich boten und alles gleich auf der Leinwand oder Papier zu erproben.
Wie funktioniert das Herstellen von Farbe mit Pigmenten?
Erden sind das älteste Kunstmaterial der Menschheit. Die Herstellung von Farben aus Erd-Pigmenten ist ein Prozess, der mich immer wieder fasziniert. Es ist eine Transformation im wahrsten Sinne des Wortes: Erde und Stein, die wir in der Natur finden, werden in Pigmente verwandelt, mit denen wir unsere eigene Farbe herstellen können.
Wo finde ich Pigmente?
Pigmente entstehen oft an Orten, wo die Natur sichtbar arbeitet – dort, wo Erosion stattfindet oder mineralreiche Böden zutage treten. Typische Fundorte für natürliche Pigmente sind:
• Flussufer, wo abgelagerte Erden und Sedimente freigelegt werden.
• Felsen und Erdspalten, die durch Witterungseinflüsse ihre mineralischen Schätze preisgeben.
• Höhlen und Steilküsten, wo farbige Schichten aus Ton, Ocker oder anderen Mineralien sichtbar werden.
• Straßenränder und aufgelassene Steinbrüche, die oft überraschend farbige Erden freilegen.
• Vulkangebiete, wie auf Island, wo Schwefelgelb, Eisenoxidrot und andere intensive Farben zu finden sind.
Im September war ich selbst auf Island und konnte die kraftvolle Verbindung von Licht, Erde und Mineralien erleben. Dort, wo alles blubbert und dampft, entstehen Pigmente direkt vor unseren Augen.
Wie stelle ich Pigmente her?
Pigmente lassen sich durch einen einfachen, aber intensiven handwerklichen Prozess gewinnen.
1. Sammeln des Rohmaterials
Erde, Ton oder mineralische Gesteine werden an den oben genannten Fundorten gesammelt.
2. Zerkleinern und Reinigen
• Das gesammelte Material wird zunächst getrocknet und dann mit einem Mörser zerkleinert.
• Um unerwünschte Bestandteile zu entfernen (z. B. organisches Material), wird das Material gesiebt oder durch Wasser gereinigt.
3. Mahlen zu Pigmenten
Mit einem Mörser wird das gereinigte Material fein gestossen. Je feiner die Körnung, desto intensiver und gleichmäßiger wird das Pigment.
Wie wird aus Pigmenten Farbe?
Der nächste Schritt ist das Mischen der Pigmente mit einem Bindemittel. Je nach Farbtyp wählt man ein anderes Bindemittel:
1. Acrylfarbe herstellen
• Pigmente werden mit einem Acrylbinder gemischt, der sie verbindet und auf der Leinwand fixiert.
• Die Konsistenz kann durch Zugabe von Wasser angepasst werden.
2. Ölfarbe herstelle
- Das Pigment wird in ein pflanzliches Öl eingemischt. Typischerweise ist das Leinöl.
3. Eitempera herstellen
– das Pigment wird mit einem rohen Ei und einem gleichen Teil Öl gebunden. Durch verreiben mit einem Glasläufer entsteht eine cremige Farbe.
Das Herstellen von Farbe aus Pigmenten ist für mich ein ursprünglicher und meditativer Prozess. Es ist nicht nur ein handwerklicher Akt, sondern eine Verbindung mit der Natur und ihrer Materialität. Jeder selbst hergestellte Farbton trägt die Geschichte seines Ursprungsortes in sich – sei es ein Flussufer, eine Felswand oder ein dampfender Vulkan.
Der Herstellungsprozess von Farbe mit Pigmenten
Die Herstellung von Farbe aus Pigmenten ist eine faszinierende Mischung aus Handwerk, Experiment und Kunst. Hier erkläre ich den Prozess Schritt für Schritt:
1. Reinigung und Vorbereitung der Rohstoffe
Zunächst werden die gesammelten Erden, Steine oder mineralischen Materialien gründlich gewaschen und getrocknet.
• Waschen:
• Fülle die Erde in ein Gefäß und bedecke sie mit Wasser.
• Schmutz und organische Teilchen schwimmen oben auf und können abgeschöpft werden.
• Wiederhole den Vorgang mit frischem Wasser, bis das Wasser klar bleibt.
• Trocknen:
• Die gereinigte Erde wird auf eine Glasplatte gegeben und getrocknet.
• Die Farbe der Pigmente kann sich während des Waschens verändern – behalte also zwischendurch etwas von den früheren Waschungen, um Farbnuancen zu vergleichen.
2. Zerkleinern und Mahlen
• Grobe Zerkleinerung:
• Mit einem Hammer werden Steine oder Klumpen zerschlagen, bis sie pulverisiert sind.
• Siebung:
• Das entstandene Pulver wird durch ein Sieb gegeben, um grobe Partikel zu entfernen.
• Feinmahlen:
• Die feineren Partikel können jetzt schon auf eine Glasplatte gegeben werden, mit Wasser benetzt und mit einem Glasläufer fein zerrieben werden. Es entsteht eine cremige, durch noch kleinste verbliebene Steinchen strukturierende Farbe. Trocknen lassen.
• Abtrennung:
• Das trockene Pulver wird erneut gesiebt – jetzt durch ein feinmaschiges Sieb aus dem Künstlerbedarf.
3. Verfeinern der Pigmente
• Das gesiebte Pigment wird in ein Glas Wasser gegeben. Die „schweren“ Partikel setzen sich am Boden ab, während feinere Pigmente im Wasser schweben.
• Gieße das Wasser vorsichtig in ein neues Glas ab, um die feineren Partikel zu isolieren. Später, wenn sich auch diese am Boden abgesetzt haben, ergibt sich daraus eine feinere, glattere Farbe
Verreibung
• Die schweren Pigmente im ersten Glas werden abgeschöpft und mit einem Glasläufer ( oder einem glatten Stein) auf einer Glasplatte verrieben. Das entstandene Farbmaterial wir wieder mit Wasser aufgegossen und dann gefiltert.
• Filtern:
• Gieße die Pigment-Wasser-Mischung durch einen Kaffeefilter ( oder eine Strumphose, die ein idealer Filter ist) Das durch feine Farbpartikel gefärbte Wasser läuft durch, während das Pigment im Filter bleibt.
• Öffne den Filter vorsichtig und lasse das Pigment auf einer Glasplatte trocknen. Je nach Konsistenz folgen dann auf diese Weise weitere Verreibungen. Dieser Schritt kann je nach gewünschter Textur mehrmals wiederholt werden, um noch feinere oder glattere Pigmente zu erhalten.
4. Trocknen
Das so an der Luft auf einer Glasplatte getrocknete Pigment wird mit z.B. einem Palettmesser in ein Schraubglas gegeben.
• Es kann auch mit sanfter Wärme getrocknet werden. Jetzt im Winter stellen wir ein Backblech auf den Ofen, dann aber Vorsicht: die Hitze darf nicht zu stark sein, sonst verklumpen die feuchten Pigmente. Wärme kann zudem die Farbe verändern. Wenn du das Pigment in einen Ofen mit hoher Temperatur stellst, verändert es seine Farbe von z. B. Gelb- zu Rottönen (wie bei Siena gebrannt). Man kennt das auch aus der Töpferei, nach dem Brand ist der gelbe Lehm rot geworden.
5. Herstellung von Farbe
Jetzt wird das Pigment mit einem Bindemittel vermischt, um Farbe herzustellen:
• Acrylfarbe:
• Vermische das Pigment mit einem Acrylbindemittel (z. B. K9 von Kremer)
• Falls das Pigment sich schwer verbindet, füge ein Dispergiermittel wie Orotan oder etwas Spülmittel hinzu. Alkohol tut es auch!
• Ölfarbe:
• Mische das Pigment mit Leinöl oder einem anderen Öl. ( Ich benutze auch gern Walnussöl, weil es nicht gilbt).
• Verreibe es gründlich mit dem Glasläufer, bis eine geschmeidige Konsistenz entsteht.
• Herstellung von Eitempera nach einem historischen Rezept
Eitempera ist eine Emulsion aus Fett und Wasser. Temperare = vermischen. Man braucht ein Ei, Leinölfirnis und Dammar-Harz. Das Ei wird vorsichtig aufgeschlagen, sodaß es nicht kaputt geht. So kann ich die Schale als Raummaß nehmen. Nur das Eigelb kommt in ein Glas (z.B. Marmeladenglas mit Schraubdeckel) das Eiweiß wird nicht gebraucht. Ein Raummaß Dammarfirnis und ein Raummaß Leinölfirnis dazu. Und noch ein Raummaß Wasser. Das Ganze wird gut durchgeschüttelt, so daß sich die Teile inniglich verbinden ( ca. 10 Minuten) Damit die Mischung etwas länger hält, kommt noch etwas Nelkenöl hinzu. (Nicht verbrauchter, restlicher Binder hält sich ca. 3 Wochen im Kühlschrank)
Dammar-Harzstücke kann man nur in Terpentin lösen. Das Dammar kommt in einen Nylonstrumpf, dann in ein Gefäß, das mit Terpentin aufgegossen wird. Das Ganze 3 Tage stehen lassen.
Für manches Pigment ist es auch gut, es für die Verarbeitung über Nacht mit etwas Wasser einsumpfen zu lassen. Man kann es mit Kreide strecken, das es griffiger wird und am nächsten Tag den Binder im Verhältnis 50:50 hinein rühren.
Ein weiteres Rezept:
Ein ganzes Ei ( Eigelb und Eiweiß) in ein Glas schlagen, genau dieselbe Menge Leinölfirnis dazu geben. Man kann das gut abschätzen weil sich das Öl an der Oberfläche absetzt. Dann kräftig schütteln. Es entsteht eine weniger fette Eitempera
….und noch eins:
Man nimmt 2 Eigelb ( kein Eiweiß!) = 2 Raumteile + 1 Raumteil Acrylbinder + 1 Raumteil Leinöl oder Leinölfirnis. Die Farbe ist dann etwas abgemagert.
Aber wie schon gesagt, es gibt soviel Rezepte, und ich will euch nicht weiter verwirren….
Zur Verarbeitung:
Das Pigment auf einer Glasplatte zu einem kleinen Häufchen zusammenschütten, in der Mitte mit einem Löffel eine Kuhle einarbeiten, und dann das Bindemittel hineingiessen. ( Pigment zu Binder 1:3) Beginne mit wenig Binder und füge Schritt für Schritt mehr hinzu. Es variiert von Pigment zu Pigment, wieviel Binder du nehmen musst. Alles mit einem Palettmesser sehr gut vermengen. Das Pigment anschliessend mit einem Glasläufer fein vermischen. Mit einem Spachtel das ganze Pigment auf der Glasplatte zusammen kehren und den Vorgang noch einmal wiederholen.
Warum selbst herstellen?
Die Herstellung eigener Farben bietet viele Vorteile:
1. Individuelle Farben:
• Selbst hergestellte Farben haben oft einzigartige Texturen und Nuancen, die mit industriellen Farben nicht erreicht werden können.
2. Nachhaltigkeit und Gesundheit:
• Natürliche Pigmente sind oft ungiftig (abgesehen vom Staub). Sie enthalten keine Füllstoffe, Fungizide oder Plastik.
3. Kreativer Bezug:
• Der Prozess schafft eine Verbindung zwischen Material und Kunstwerk – die Farbe erzählt die Geschichte ihrer Herstellung.
Last but Not least ist der Preis für die selbst hergestellten Farben wesentlich günstiger als gekaufte Materialien.
Herausforderungen:
Selbst hergestellte Farben sind weniger vorhersehbar als gekaufte. Sie lassen sich nicht auf Vorrat herstellen und es erfordert Geduld, Erfahrung und Achtsamkeit im Umgang mit den Pigmenten. Hier gilt der Satz „Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit“. Die Herstellung ist umständlich. Doch die Unregelmäßigkeiten machen den Charme der Farben aus und laden zu malerischem Experimentieren ein.
Fazit:
Die selbst hergestellten Farben sind nicht nur nachhaltiger und schöner, sondern auch Ausdruck eines ganz persönlichen, ursprünglichen Kunstprozesses.
Die KUNST-KAPELLE-BOITIN zeigte sich wieder als inspirierender Ort, an dem sich Kunst und Natur wunderbar verbinden lassen. Ich freue mich schon darauf, in zukünftigen Kursen weitere kreative Prozesse gemeinsam zu erleben!
Wenn du auch Interesse hast , noch mehr über die Herstellung von Farben zu erfahren, schreibe mir gerne. Auch ein nächster Kurs ist bereits in Planung!
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